Mit den Änderungen des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) können nun auch Personen, die nicht als Familienangehörige gelten, aber in einer engen familiären oder partnerschaftlichen Verbindung zu einem EU-Staatsangehörigen stehen, auf Antrag ein Aufenthaltsrecht erhalten.
Im November 2020 sind wichtige Änderungen zum FreizügG/EU in Kraft getreten. Die zentrale Neuerung ist die Einführung eines Aufenthaltsrechts für eine dem/der EU-Bürger/in nahestehende Person. Damit werden Regelungen der Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG in das deutschen Recht umgesetzt, um die Freizügigkeit von EU-Bürgern/innen zu fördern.
Abzugrenzen sind „nahestehende“ Personen von Familienangehörigen. Wer als Familienangehöriger oder als „nahestehende“ Person eines EU-Staatsangehörigen einzuordnen ist, regeln die Begriffsbestimmungen in § 1 Absatz 2 FreizügG/EU. Als Familienangehörige gelten Ehegatten oder Lebenspartner sowie Verwandte in absteigender Linie also Kinder und Kindeskinder unter 21 Jahren von freizügigkeitsberechtigten EU-Bürgern/innen, ihren Ehegatten oder Lebenspartnern; darüber hinaus Verwandte in auf- oder absteigender Linie von freizügigkeitsberechtigten EU-Bürgern/innen, ihren Ehegatten oder Lebenspartnern, welchen von den EU-Bürgern/innen, ihren Ehegatten oder Lebenspartnern Unterhalt gewährt wird. Ausführlichere Informationen dazu gibt es hier.
Als „nahestehende“ Personen gelten:
Hinweis: Die Annahme einer Eigenschaft als Lebensgefährte/in ist bei Personen ausgeschlossen, die zugleich eine Ehe oder eine Lebenspartnerschaft führen.
Einem EU-Staatsangehörigen nahestehende Personen können nun nach § 3a FreizügG/EU ein Aufenthaltsrecht („Recht auf Einreise und Aufenthalt“) erwerben. Dafür ist zwingend ein Antrag bei der zuständigen Ausländerbehörde erforderlich (Finder Ausländerbehörde).
Beantragen können das Aufenthaltsrecht Personen, die nicht schon selbst als EU-Staatsangehörige oder als Familienangehörige eines EU-Staatsangehörigen freizügigkeitsberechtigt sind, also in aller Regel Drittstaatsangehörige. Ihnen soll unter bestimmten Voraussetzungen der Nachzug ermöglicht werden, wenn mit dem EU-Staatsangehörigen eine enge und stabile familiäre oder partnerschaftliche Beziehung besteht.
Neben der Eigenschaft als „nahestehende“ Person muss ein „Aufenthaltsanlass“ vorliegen, dessen Umstände sich auf die Zeit vor der Einreise beziehen:
Hinzukommen muss für die Verleihung des Aufenthaltsrechts auch, dass der Lebensunterhalt der nahestehenden Person in Deutschland gesichert ist (§ 11 Absatz 5 FreizügG/EU in Verbindung mit § 5 Absatz 1 Aufenthaltsgesetz).
Die Ausländerbehörde trifft hier eine Ermessensentscheidung, d.h. sie hat im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben einen Entscheidungsspielraum. Sie berücksichtigt nach einer eingehenden Untersuchung der persönlichen Umstände maßgeblich, ob der Aufenthalt der nahestehenden Person erforderlich ist (§ 3a Absatz 2 FreizügG/EU). Gesichtspunkte, die hier etwa eine Rolle spielen, sind die Beziehung zum/zur EU-Bürger/in, der Grad der finanziellen oder physischen Abhängigkeit (z.B. Pflege) oder der vorliegende Verwandtschaftsgrad. Eine nahestehende Person, die ein Aufenthaltsrecht erhalten hat, bekommt zum Nachweis des Aufenthaltsrechts eine „Aufenthaltskarte“ nach § 3a FreizügG, die fünf Jahre gültig sein soll.
Nahestehende Personen, die das Aufenthaltsrecht erhalten haben, können ein Daueraufenthaltsrecht erwerben (§ 5 FreizügG/EU). Voraussetzung dafür ist, dass sie sich fünf Jahre rechtmäßig in Deutschland aufgehalten haben.
Mehr Informationen, z.B. zu erforderlichen Nachweisen, bekommen Sie hier. Auf der Homepage des Bundesinnenministeriums sind weitergehende Anwendungshinweise zu den geänderten Vorschriften des Freizügigkeitsgesetzes/EU als Download erhältlich.